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5. Jugendbücher ab 14 J.

Beauvais, Clementine: Dreckstück/ aus d. Französ. von Anette von Weppen. - Hamburg: Carlsen, 2015. - 81 S.; 11,99€

für Jugendliche zwischen 14 - 18 Jahren

 

Clementine Beauvais, die Autorin des französischen Jugendbuches "Dreckstück" ist 1989 in der Region Paris geboren. Sie hat in Cambridge über Kinderliteratur promoviert und schreibt Kinder- und Jugendbücher auf Französisch und Englisch.

Eine Gruppe Jugendlicher von einem guten Gymnasium steht vor einem Cafe´zusammen. Es sind Florian, Gonzague, Elise, Anne-Laure und David. Aus Davids Sicht wird das nachfolgende Geschehen erzählt. Zu der Clique gehören noch Margaruite, die aber wegen eines Streiks nicht zur Schule durchgekommen ist und Mathieu, der im vergangenen Jahr mit dem Motorroller bei zu großer Geschwindigkeit an einen Laternenpfahl geknallt ist. Die Jugendlichen rauchen und stehen nur so herum. Als einer sagt, er habe keinen Bock auf die Schule, stimmen ihm die anderen zu. Nur Elise meint, sie würde gern die Geo-Arbeit mitschreiben. Doch auch sie bleibt.

Da es regnet, wollen sie zu Gonzagues Wohnung gehen. Beim Überqueren der Straße wird Gonzague, weil er einfach auf die Straße gerannt ist, beinahe von einem Motorroller gestreift. Als er erkennt, dass es ein Afrikaner ist, schimpft er ihn Gorilla und anderes hinterher. Am Hallenbad kommt eine Grundschulklasse an ihnen vorbei. doch ein kleines schwarzes Mädchen mit einem Wuschelkopf kleiner Löckchen trödelt hinterher. Da bemerken David und Florian, Läuse auf dem Kopf des Mädchens. David hat es für sich behalten, doch Florian macht die Gruppe darauf aufmerksam. Anne-Laure meint, sie müssten nun das Mädchen entlausen. Sie halten die Kleine an ihrem Schal fest und nehmen sie mit. Einfach so, zuerst ist es mehr ein Spiel, weil sie sonst keinen Plan haben. In Gonzagues Wohnung entlausen Anne-Laure und Elise das Mädchen, doch dann kommt einer der jungen auf die Idee, dem Mädchen die Haare abzuschneiden. Und später darauf, den Kopf kahl zu scheren.

  David und Elise gehen nach unten, um zu sehen, ob unter Gonzagues jemand zu Hause ist, weil der Haarschergerät so laut brummt. Tatsächlich öffnet den beiden ein fast blinder Alter. Er hält die beiden für die Pfleger seiner kranken Frau. Und um das Paar abzulenken, bringen die beiden Gymnasiasten die Frau des alten in die Badewanne und machen sie für die Nacht fertig. Als sie hören, dass das kleine Mädchen oben schreit und weint, gehen sie hastig wieder nach oben.

Die drei anderen antworten nicht auf Davids Frage, wo das schwarze Mädchen ist, sondern legen sich auf Gonzagues Bett. Dann bekommen sie plötzlich Lust, doch noch zur Latein-Stunde zu gehen.

beim Herausgehen bekommt David mit, dass die Kleine wohl geknebelt, geschlagen und in den Fahrstuhl gesperrt worden ist, der jetzt im Keller festhakt. Die Jugendlichen werden bald von der Polizei überführt, die die kleine schon den ganzen Tag nach einer Anzeige auf Kindesentführung gesucht hat. Alle fünf bekommen in Frankreich hohe Haftstrafen dafür.

   Die Autorin schildert die Tat aus der Sicht Davids, der von den anderen der Gruppe als Weichei angesehen wird. David ist zwar froh, nicht ganz dabei gewesen zu sein, aber er weiß, dass er es auch nicht verhindert hätte. Er hätte mitgemacht, weil er zur Gruppe gehören wollte, auch wenn ihm dabei nicht wohl gewesen wäre. Erschreckend an der Geschichte ist, dass die fünf wie ganz normale Jugendliche

daher kommen, sich zwischendurch über alles Mögliche Jugend gemäß unterhalten. Das kleine schwarze Mädchen war nur ein Zufallsopfer, weil es allein kam und weil einige die Läuse gesehen haben. Obwohl das Mädchen ihnen beteuert, dass die ganze Klasse Läuse hätte. Die Charaktere der Jugendlichen werden nicht weiter ausgebaut, man erfährt, dass sie Kinder gut situierter Eltern sind und dass sie potentiell ein wenig arrogant und rassistisch sind.  Aber sie sind keine Terroristen wie David sagt und hatten nie so etwas geplant. Sie hätten auch ins Kino gehen oder Golf spielen könne. Ganz normale Jugendliche mit ein bisschen Frust, den üblichen in dem Alter. Aus einer Laune heraus entladen sich ihr Überdruss und ihr rassistischer Hass an dem unschuldigen Mädchen. Ein schmaler Band, der es in sich hat, ohne die Grausamkeiten auszumalen. Ein mutiges buch, das zum Nachdenken herausfordert und als Schullektüre zu den Themen "Rassismus" und "Migration" diskutiert

werden sollte.(SBE)

 

Chbosky, Stephan: das also ist mein Leben/ Aus dem Amerikan.. -

München: Heyne Verl., 2011. - 288 S. 12,99€ , Jubu , ab 14J

 

Der amerikanische Autor Stephan Chbosky (geb. 1970) ist in Pittsburgh aufgewachsen und lebt heute in New York. Bereits mit seinem ersten Buch "Das also ist mein Leben" landete er einen internationalen Bestseller.

Charlie, zwischen 15 und 16 Jahre alt, schreibt Briefe an einen fiktiven Freund. Er erzählt ihm über den Selbstmord seines Freundes Michael und was er in dem neuen Jahr an der Highschool so erlebt und wie er sich in diesem Jahr verändert. Da er eher schüchtern ist, ist Charlie froh, als er bei einem Footballspiel des Schulteams Patrick und Sam kennenlernt, ein Geschisterpaar, die ihn ein ganzes Jahr zu Partys und anderen angesagten Veranstaltungen mitnehmen. Da die beiden zwei Jahre älter sind, können sie charlie über Themen aufklären, von denen er bisher nichts wusste. Patrick, der selbst schwul ist, klärt ihn auf, wie man an Mädchen herangehen sollte und was Jungen sonst noch tun können. In Sam, der Stiefschwester von Patrick, hat sich Charlie leidenschaftlich verliebt. doch sie wehrt ihn behutsam ab, mit dem hinweis auf sein junges alter, da sie nur mit älteren Jungen gehe. Charlie hat noch einen älteren Bruder, der ausgezeichnet Football spielt, aber selten zu Hause ist und eine bildhübsche Schwester, die gemein zu Jungen ist, wie er findet. Nur einem Freund, der ihr bei einem Streit eine Ohrfeige gegeben hat, ordnet sie sich unter, bleibt bei ihm, obwohl ihr die Eltern danach den Kontakt verboten haben.

Charlie macht sich auch viel Gedanken über die Einflüsse um ihn herum. Er kritisiert die Schauspieler-Sternchen in den Illustrierten und die Vielzahl der Diät-Rezepte darin und nimmt eine beliebte TV-Serie auseinander. Sein Englisch-Lehrer Bill gibt ihm regelmäßig Extra-Bücher, die zu den besten der amerikanischen und europäischen Literatur für junge Menschen gehören wie "der Fänger im Roggen" von Jerome D. Salinger, "Wer die Nachtigall stört" von Harper Lee, "Unterwegs von Jack Kerouac, "Naked Lunch" von William S. Burroughs, "Der Fremde" von Albert Camus, "diesseits vom Paradies" und "Der große Gatsby" von F.scott Fitzgerald, "Peter Pan" vom James Barrie, "Ein anderer Fri3den" von John Knowles, "Der ewige Quell" von Ayn Rand, "Walden" von Henry D. Thoreau und Shakespeares "Hamlet". Charlie liest sehr gern, manche Bücher wie den "Fänger im Roggen" gleich mehrmals. anschließend schreibt er für Bill Aufsätze zu den Büchern, danach sprechen die beiden über die Lektüre. Später gibt Bill ihm auch DVDs wie "Die Reifeprüfung", "Harold & Maud", "Mein Leben als Hund", "Der Club der toten dichter" und "Verdacht auf Liebe" über die Charlie ebenfalls reflektiert.

Auf den vielen Partys erfährt Charlie auch seinen ersten LSD-Trip, mit einem unguten Ende. Und er lernt Mary kennen, die ihn wohl mag. Doch als er bei einem Spiel das schönst Mädchen küssen soll, küsst er Sam, in die er noch immer verliebt ist. Als Sam am Ende des Highschool-Jahres Charlie zum Sex auffordert und ihn berührt, wehrt der ab. Er erinnert sich plötzlich, dass seine Tante Helen, die selbst in der Kindheit missbraucht worden ist, deshalb unverheiratet blieb und zur Alkoholikerin wurde, ihn als Kind missbraucht hat.

Stephen Chbosky hat ein wunderbares frisches Jugendbuch geschrieben, in flüssiger, gut lesbarer Sprache, das dicht an dem Alter der Protagonisten dran ist und in dem sich alle Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren in der einen oder anderen Form wiederfinden werden. Auch wenn "sexueller Missbrauch" ein wichtiges Thema ist, erscheint es hier etwas angehängt und ich

hätte mir in diesem Buch nicht diese Auflösung gewünscht. Sondern, dass der Autor einfach von einem eher stillen Jungen erzählt, der gerne liest und sich über viele Sachen Gedanken macht, nicht leicht Freunde findet, aber wenn er sie gefunden hat, dann mit ihnen lange zusammen bleibt. Es gibt doch viele Jugendliche, die beim Erwachsen werden auch Probleme haben, ohne dass ein Missbrauch oder andere schlimme Erlebnisse in der Kindheit vorgelegen haben. Die einfach zu schüchtern sind, um das zu erleben, zu bekommen, was sie sich wünschen oder in ihrer Art stiller sind und deshalb oft übersehen werden. einfach, weil sie so sind wie sie sind, mit Charakteranlagen, die ihnen genetisch mitgegeben wurden. Einen großen Wert des Buches machen die dezenten Hinweise aus, auf gute Bücher und Filme für junge Menschen.. 1/2018 SBE

 

Crowley, Cath: Lieder eines Sommers/ aus dem austral. Englisch. - 

Hamburg: Carlsen, 2014. - 270 S.; 16,90 €            ab 14 J

ISBN 978-3-551-58280-5

 

Jeden Sommer verbringt Charlie, die in Melbourne zur Schule geht, ihre Ferien bei den Großeltern in einer Kleinstadt auf dem Lande. Charlie ist 16 Jahre alt, ihre Mutter hat sie vor sieben Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren und ihre Gro´ßmutter ist vor einem Jahr gestorben. So verbringt das stille, zurückhaltende Mädchen in diesem Jahr die Sommerferien allein mit ihrem Vater und dem Großvater, der in dem Provinznest einen kleinen Laden führt. Nebenan wohnt die kesse und etwas rebellische Rose. Sie und ihre Freunde Luke und Dave hängen wie ein Kleeblatt zusammen. Zu gern würde sich Charlie dieser Gruppe anschließen, doch bisher wurde sie von den drei einheimischen Jugendlichen als Fremde aus der Stadt, als ein Mädchen, das anders ist, nicht angenommen, hin und wieder auch belächelt. Charlie ist zu schüchtern, um cool auf die Gruppe der drei zu zugehen. Sie findet einen Ausgleich im Gitarrenspiel, wenn sie traurig ist, weil sie sich nach Liebe und Freundschaft sehnt, aber abgelehnt wird. In solchen Momenten nimmt sie die Gitarre hervor, übt und schreibt einen Song, der ihre Stimmung wiedergibt, wie man es auch im Buch an einigen ihrer Songtexte nachlesen kann. Charlie spielt und singt aber nur für sich, niemals in der Öffentlichkeit. Auch in ihrem Schulchor steht sie in der hintersten Reihe, obwohl sie sehr musikalisch ist, so wie ihre verstorbene Mutter es war.

In diesem Jahr muss Charlie auch den Verlust der Großmutter verarbeiten und sie findet in dem Großvater wenigstens teilweise einen Ansprechpartner. Auch das Bild und die Stimme der Mutter sind noch oft präsent, helfen ihr ebenfalls. Während der Vater seit dem Tod der Mutter nur noch selten für die Tochter da ist, auch kaum Gespräche mit ihr führt. Er flüchtet an Erinnerungsorte und vor ihren Fragen. So braucht Charlie dringend Menschen, mit denen sie reden kann, die sie aus ihrer Einsamkeit herausholen. Und anders als in den Sommern davor, scheint sich die gleichaltrige Rose und ihre Gruppe in diesem Sommer mehr für das Großstadt-Mädchen zu interessieren als sonst. Rose bemüht sich, ihre Freundin zu werden und auch Dave, dem das Mädchen schon immer ein bisschen gefallen hat, kommt sie immer näher. Wenn sie nur nicht beide gleichermaßen schüchtern wären. Darf sie denn als Mädchen beim Küssen einfach anfangen, wenn sie es sich wünscht?

Für einige Turbulenzen sorgen Roses Freund Luke und Anthony, die das Mädchen aus Melbourne in ein leichtsinniges Abenteuer hineinziehen wollen. Doch Charlie wächst da über sich hinaus und auch beim Talent-Wettbewerb, zu dem sie ihre neuen Freunde Rose und Dave drängen. Zum ersten Mal traut sie sich mit der Gitarre und ihrer Stimme in der Öffentlichkeit aufzutreten und das mit großem Erfolg. Doch mit Rose gibt es noch eine große Enttäuschung. Ist sie wirklich eine Freundin oder hat Rose sie nur benutzen wollen, um mit Charlies Hilfe in die Großstadt Melbourne zu kommen? Und auch Luke und Rose müssen ihr zukünftiges Verhältnis noch klären.

  Cath Crowley erzählt in ihrem überwiegend harmonischem Buch eine gefühlvolle und turbulente Sommergeschichte mit viel Poesie, Blues-Klängen und pochendem Rhythmus. Vor dem besonderen australischen Hintergrund, der Weihnachten im sommer, ein Picknick am Sylvester-Abend und gefährliche Schlangenbisse einschließt. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen vier 16jährige, Heranwachsende mit unterschiedlichen Charakteren und ihren Problemen: wie erste Liebe, Schüchternheit und Coolsein, von angesagten Typen und echten Freunden, jugendlichen Abenteuern oder dem Abrutschen in die Kriminalität, der Kampf um Anerkennung und Verständnis im Elternhaus und erste Selbstbehauptung sowie von ihren Zukunftsplänen, die auch bedeuten können, die Heimat und die Freunde zu verlassen. Dabei werden auch die Lebensprobleme der Erwachsenen, des unmittelbaren Familienkreises einbezogen.

  Für Charlie waren diese Ferien, alles in allem, ein wunderbarer Sommer, in dem sie neue Erfahrungen gewonnen hat, dem ersten Jungen begegnet ist, der sie ernsthaft mochte und sie geküsst hat. Und sie hat sich endlich getraut, ihr musikalisches Talent auf offener Bühne zu präsentieren. Das stille Großstadt-Mädchen konnte sein Selbstwertgefühl steigern und dadurch zeigen, was wirklich in ihm steckt. Ein nicht nur für Jugendliche wunderschönes, nachvollziehbares Buch. Auch Erwachsene mit gleichaltrigen Kindern oder jene, die sich noch an die Probleme ihrer Jugend erinnern, werden das buch gern und mit Gewinn lesen.

  Die australische Autorin Cath Crowley, geboren 1971, wuchs in einem ländlichen Teil Viktorias mit drei Brüdern auf. Als sie von einem Europa-Aufenthalt ihrem Bruder Anthony lange Briefe schickte, verarbeitete er diese zu einem Musical. Das war der Beginn ihrer schriftstellerischen Laufbahn. Die Autorin Cath Crowley lebt, schreibt und lehrt Kreatives Schreiben in Melbourne. Im Carlsen Verlag ist außer "Lieder eines Sommers" noch ihr Buch "Graffiti Moon" und im September 2016 ihr drittes Jugendbuch "Worte in Deep Blue" erschienen. (SBE)

 

Easton, T.S.: Ben Fletchers total geniale Maschen/ Aus dem Engl.

von Wieland Freund und Andrea Wandel. - Berlin: Ueberreuther, 2015. 317 S.; €14,95; ab 14 J

ISBN 978-3-7641-7031-8


Der englische Jugendbuchautor T.S.Easton hat bereits mehr als 

dreißig Kinder- und Jugendbücher für die verschiedensten Altersstufen veröffentlicht. Für sein 2012 in London erschienenes

Jugendbuch "Boys don't knit", deutsch "Ben Fletchers total geniale Maschen" wurde er 2015 mit dem "Coventry Inspiration Book Award" ausgezeichnet und für die renommierte Carnegie Medal nominiert. Außerdem ist in diesem Jahr ein Nachfolgeband zu "Boys don't knit" unter dem Titel "An English boy in New York" in London erschienen. Tom S. Easton lebt mit seiner Frau und drei Kindern in surry, Großbritannien.

   Ben Fletcher ist ein sympathischer, fast normaler Jugendlicher zwischen 16 und 17 Jahren. Ein wenig zurückhaltend vielleicht, ziemlich ordentlich und eigentlich brav. Ihn nerven die zweideutigen sexuellen Anspielungen seiner Eltern und das machohafte Gehabe des Vaters, den nur Autos, Fußball und der 2. Weltkrieg interessieren. Und Ben hasst alles, was ihn in Schwierigkeiten oder in kriminelle Situationen bringen kann. Doch genau darin sind seine Freunde Gex, Joz und Freddie Spezialisten. Weshalb sich Ben gern von ihnen trennen würde, wenn er denn andere Freunde an der Schule fände, die ebenso draußen stehen wie er. Als seine Kumpels für eine Party in einem teuren Laden Alkohol stehlen, wird ausgerechnet Benn gefasst, der gar nicht dabei sein wollte. Bei dem Versuch, die Alkoholflaschen mit seinem Fahrrad schnell in Sicherheit zu bringen, fährt er die alte Mrs. Frensham um und wird geschnappt.

   Das ist die Vorgeschichte, warum Benn ein Tagebuch führen muss und einen abendlichen Strickkurs im Community College besucht. Beides sind Straf-Auflagen, die ihm seine Bewährungshelferin, Ms. Claudia Gunter, per Email übermittelt hat. Durch Bens Tagebuch-Aufzeichnungen erfahren wir nun von dem Fortgang der Geschichte und seiner Bewährung im Leben. Für den Strickkurs hatte er sich nur angemeldet, weil seine junge Lehrerin Ms. Swallow, für die er schwärmt, irrtümlich als Kursleiterin angegeben worden war. Dass es nachher Mrs.Hooper, die Mutter seiner eträumten Schulfreundin Megan ist, findet Ben dann nicht so schlimm, denn die sieht mit ihren 40 Jahren auch noch ziemlich scharf aus. Nur darf sie weder ihrer Tochter noch seinen Freunden und den Eltern erzählen, dass er einen Strickkurs besucht. Den er selbst bald gar nicht so übel findet, denn offensichtlich ist er ein Naturtalent für das Stricken und das Entwerfen von Strickmustern.

   So wird er von Mrs. Hooper schon bald zum Regional-Strick-Wettbewerb und danach zum Landes-Wettbewerb der Strick-Junioren angemeldet. Die eBen beide nach einigen Turbulenzen gewinnt. Dabei erweisen sich auch Bens Freunde endlich als echte und nützliche Freunde. Denn sie schlagen die Gang von Lloyd Mannig in die Flucht, die den Nationalen Strick-Wettbewerb stören wollte. Dass Bens Vater sich vom Spiel seiner Lieblingsmannschaft Chelsea trennen konnte und seine Mutter noch rechtzeitig von ihrer Zauber-tournee zum Wettbewerb kommt, gibt dem Teenager zusätzlich Kraft. Überhaupt hat sich Benn durch seinen Strickkurs in jeder Weise positiv entwickelt. Durch die Aufmerksamkeit der Mädchen und Frauen im Kurs, die Konzentration suf eine Sache, die das Chaos in seinem Kopf ordnet und den Verkaufserfolg seiner Stricksachen, selbst an die wunderbare Ms. Swallow wird sein Selbstbewusstsein gestärkt. So schafft es Ben auch, als sein Geheimnis mit dem Strickkurs öffentlich wird, nach einer kurzen Spottphase in der Schule, zu seinem Hobby zu stehen. Auch mit seinem Vater führt Ben endlich eine ernsthafte Auseinandersetzung über seine eigenen Vorstellungen und Interessen. Und mit Megan kommt er ebenfalls voran, er kann nun endlich mit ihr über alles reden.

   T.S.Easton ist es gelungen, ein sehr lebendiges und trotz des ungewöhnlichen Hobbys, sehr lebensnahes Jugendbuch zu schreiben. Oft mit einer deftigen und ironisch-sarkastischen Sprache, die der Jugendkultur und der Umgangssprache der Erwachsenen entnommen ist. Ein mit Eitz und Übertreibungen arbeitender Autor, dessen Jugendbuch unterhaltsam und flüssig und auch mit Tiefgang geschrieben ist. Das von den Ängsten, Nöten, Träumen, Verstrickungen und Erfolgen eines Jugendlichen mit einem besonderen Naturtalent erzählt. Ein Jugendbuch für Teenager ab 14 Jahren und unbedingt auch für Eltern, die sich hier ebenfalls wiedererkennen können. (SBE)

 

Jägerfeld, Jenny: Der Schmerz, die Zukunft, meine Irrtümer und ich/ Aus dem Schwed. von Birgitta Kicherer. - München: Hanser, 2014. -        S., 14,99€  Jubu ab 15 J

 

Maja, 17 Jahre alt, besucht die 10. Klasse des Gymnasiums. Sie kleidet sich exzentrisch, angepunkt, hat an der Schule wenig freunde, wird von manchen Schülern gemobbt, weiß sich aber zu wehren, sie kann großmäulig austeilen. Enzo, von den anderen als Weichei eingeschätzt, ist ih einziger treuer Freund. Maja selbst macht sich über die anderen Schüler und ihre Moden lustig, da steht sie drüber, es ist aber auch ein Selbstschutz.. Ihre Eltern sind seit ihrem dritten Lebensjahr geschieden, Maja wohnt bei ihrem Vater in Stockholm und verbringt jedes zweite Wochenende bei ihrer Mutter Jana in Norrköping, wo die Mutter am psychologischen Institut der Universität arbeitet. Der Jugendroman beginnt mit einer harten detaillierten Beschreibung eines Unfalls. Maja hat sich im Kunstunterricht mit einer elektrischen Stichsäge eine Daumenkuppe abgesägt.. Diese Verletzung und der wiederkehrende Schmerz stehen auch stellvertretend für Majas innerliche Verletzungen. Sie fühlt sich einsam, von beiden Eltern allein gelassen, obwohl sich der Vater, ein Journalist, redlich bemüht, für seine Tochter gut zu sorgen. doch er hat auch Geheimnisse vor ihr, zum Beispiel seine Frauengeschichten und Alkohol-Abende an den Wochenenden, wenn sie bei der Mutter ist und er kommt auch nicht richtig an Maja heran. Warum sie sich so schräg kleidet und schminkt und manchmal so wütend wird? Von der Mutter hat sie nie Nähe gespürt, erst als sie sie aufgefordert hat, es zu tun, hat ihre Mutter sie umarmt. Meist liest sie und lässt sich auch durch Maja nicht unterbrechen, manchmal aber fragt sie Maja um ihre Meinung und hört ihr aufmerksam zu.

Maja weiß, dass ihre Muter anders ist, glaubte aber, das habe mit ihr zu tun. Erst als sie durch Emails an ihren Vater erfährt, dass bei ihrer Mutter das Asperger Syndrom festgestellt wurde, kann sie ihre Distanz ein ordnen und besser mit ihr umgehen. als sie an dem Wochenende nach dem Unfall zu ihrer Mutter fährt, ist diese nicht da. Auf einer Party nebenan lernt sie den 20 jährigen Jens kennen, der sich Justin nennt und alte Autos wieder aufbaut. Am Ende besucht er Maja in Stockholm.

Jenny Jägerfeld, 1974 geboren, arbeitet selbst als Psychologin. Detailliert und schonungslos und in der jugendlichen Wortwahl unfrisiert, beschreibt sie Majas seelische Probleme, ihre Einsamkeit, ihre Unfähigkeit auf andere locker zu zugehen und dennoch sehr intelligent zu sein und sich nach Liebe und Gemeinschaft zu sehnen. Ebenso werden die Probleme der Mutter geschildert, die , nachdem Maja die Diagnose kennt, bei ihr eine neue Frage aufwerfen, die nicht beantwortet wird: Ob sie nicht ebenso ist?

Für diesen Jugendroman erhielt die Autorin den bedeutenden schwedischen August-Preis. 1/2018 SBE

 

Miura, Shion: Schneeschütteln in Kamusari. - Hamburg: Carlsen, 2014. - 287 S.; 14,90€ ; ab 14 J.

 

Yuki ist ein Jugendlicher wie viele auch bei uns. Er hat seine Oberschulzeit beendet und weiß noch nicht, was er danach machen soll. Zum Studieren hat er keine Lust. Für den Rest des Lebens in einer Fabrik zu arbeiten, mag er auch nicht. Am liebsten würde er nur so ein bisschen jobben gehen und mal abwarten. Doch sein Lehrer Kuma-yan im Verbund mit seiner Mutter denken anders für ihn. Sie haben Yuki für das Programm "Grüne Beschäftigung", das vom Staat gestützt wird, angemeldet. Das Programm soll die Neubeschäftigung von Arbeitskräften in der Forstwirtschaft fördern.

So sitzt Yuki, ehe er es sich in seiner Heimatstadt Yokohama nach Schulende gemütlich einrichten kann, im Schnellzug Shinkansen nach Nagoya. Dort steigt er in die Regionalbahn nach Matsuzaka und von dieser in die Lokalbahn um  und an der Endhaltestelle Kamusarmura aus. Von dort holt ihn der Waldarbeiter Yoki mit dem Pick up ab. Der ihn auf kurvenreicher Strecke die Berge hinauf bis zur Hauptgemeinde Naka fährt. Hier erhält Yuki einen zwanzigtägigen Einführungskurs in die Forstarbeit und lernt, mit der Kettensäge umzugehen. Danach bringt ihn Yoki nach Kamusari, eine Siedlung am Ende der Welt. wo er der Forstbrigade von Seiichi Nakamura zugeteilt wird. Seiichi hat eine schöne Frau Yoko-san und einen fünfjährigen Sohn Santa, das einzige Kind im Dorf. Die Schwester von Yoko-san ist ebenfalls sehr schön,aber schwer zu erobern, wie Yuki mit der Zeit feststellen muss. Doch ehe Yuki sie und die Waldarbeiter näher kennen lernt, versucht er einige Male aus dieser trostlosen Gegend abzuhauen, aber Yoki fängt ihn jedes Mal mit seinem Pick üp wieder ein. Allmählich lernt Yuki das Leben im Dorf kennen, die Feste, die Riten, die Waldarbeiter seinen Gruppe näher kennen, mit ihren sorgen, Launen und Stärken. Als er das erste Lob von diesen wilden Burschen erhält, tut ihm das gut.

   In den Sommerferien fährt er noch einmal nach Yokohama, trifft seine Schulfreunde und bricht den Urlaub vorzeitig ab, fährt nach Kamusari zurück. Nach seinem Pflichtjahr, das mit einem fulminanten Fest und dem Fällen einer 1000 jährigen Zeder endet, will Yuki erstmal noch im Dorf bleiben. Er weiß nicht, ob er für die Forstarbeit wirklich taugt, ob er Naoki eines Tages erobert, ob das Dorfleben auf Dauer gut für ihn ist. Nur eines ist ihm klar geworden:

"Kamusari war immer hier und wird immer hier sein. Seine Bewohner leben umgeben von Bergen, Flüssen und Bäumen mit einem stoischen "Na passt schon!" auf den Lippen. Sie leben wild und verrückt wie alle Lebewesen, die in Kamusari zu Hause sind".

   Yuki schreibt seinen Bericht, nachdem er ein Jahr in Kamusari verbracht hat. Da er als Großstädter durch ganz andere Vorstellungen geprägt ist, kollidieren diese oft mit dem, was ihm die Wirklichkeit in diesem winzigen Bergdorf abverlangt. Dadurch gibt es viele komische Momente in dem Buch, wenn Yuki Jugend gemäß und städtisch hinterfragt, was in dem Dorf lange Tradition oder schon immer so gemacht wurde. Egal, ob es Yuki vernünftig erscheint.

  Das Buch schildert nicht nur eine Entwicklungsetappe eines unentschlossenen modernen Jugendlichen, der sich bewährt und seinen Weg findet. Es vermittelt auch ein großartiges Arbeitsethos, das jeden mit hineinzieht. Am Ende hat der Leser nicht nur viel über Yukis Gedankenwelt und die Waldarbeiter erfahren, über die Lebensweise und die religiösen Riten in einem japanischen Bergdorf. Er hat sich auch ein enormes Wissen über die Forstarbeit im Laufe der Jahreszeiten und über Baumarten in Japan angeeignet.

   Ein Glossar mit Erklärungen von Begriffen ist angefügt, aus dem man ebenfalls etwas über japanische Feste, Riten und Namen lernen kann. Ein außerordentlich interessantes Jugendbuch mit einem gewöhnlichen Thema an einem ungewöhnlichen Schauplatz.

Die japanische Autorin Shion Miura ist 1976 in der Region Tokyo geboren und bereits mit zahlreichen nationalen Literaturpreisen geehrt worden. Das vorliegende Buch ist ihr erstes auf dem deutschen Buchmarkt.(SBE)

 

Sonnenblick, Jordan:  Die total irre Geschichte mit der Gitarre meines Vaters und allem, was danach kam, obwohl sie mir keiner auch nur ansatzweise glaubt. - Hamburg: Carlsen, 2015. - 283 S.; 15,99 €, ab 14 J.


Jordan Sonnenblick wurde 1969 in Missouri geboren, wuchs in Saten Island/ New York auf und war elf Jahre als Englischlehrer tätig, ehe er Schriftsteller wurde. Heute lebt der Autor mit seiner Frau und zwei Kindern in Bethlehem/ Pennsylvania. Bereits mit seinem ersten Jugendbuch "Wie ich zum besten Schlagzeuger der Welt wurde - und warum" ist er für den Dt. Jugendliteraturpreis nominiert worden.

Vor dem Hintergrund des Woodstock-Festivals vom August 1969, das einen Höhepunkt der US-amerikanischen Hippie-Bewegung und der Anti-Vietnamkriegs-Bewegung darstellte, entwickelt Sonnenblick seinen vielschichtigen Jugendroman "Die total irre Geschichte mit der Gitarre meines Vaters und allem, was danach kam ...", in dem es um den Kampf und die Ideale verschiedener Jugend-Generationen geht und um die Vater-Sohn-Beziehungen von drei Generationen einer Familie.

Richard, genannt Rich, ist ein gut behüteter 15 jähriger der Gegenwart. Zwar hat ihm der Vater, früher selbst Gitarrist, eine teure Martin-Gitarre geschenkt und ihm erlaubt, in einer Schulband zu spielen. Aber sonst findet er seine Eltern ziemlich spießig, angepasst und zu kontrollierend. So sehen sie ihn ungern mit seiner Freundin Courtney, die fünf Piercings trägt und sich gern auf Demos für alle möglichen dinge engagiert, zum Beispiel auch für die Freigabe von Drogen. Speziell seinen Vater findet Rich sehr verbittert und streng. Sicher hängt es mit dem Tod seines Bruders Michael zwei Monate nach dem Woodstock-Festival zusammen. Doch Rich kommt an den Vater nicht heran, erfährt nichts Genaues über die Zeit damals. Nur, dass der Vater und sein Bruder auch große Musikfans waren, Gitarre spielten und beim Woodstock-Festival dabei waren.

Durch eine Zeitreise, ausgelöst durch die elektrischen Stöße der alten Gitarre des Vaters, landet Rich im August 1969 auf einem Highway im Staate New York. Dabei wird er von einem alten Cadillac mit drei Hippies angefahren und da ihm nichts Schlimmes passiert ist, von ihnen zum Woodstock-Festival mitgenommen, zu dem sich eine Million Musikfans aufgemacht haben, am Ende fast eine halbe Million auf verschiedensten Wegen dort auch ankommt, die andere Menge schon weit vor dem Festivalort von der Polizei zurückgewiesen wird. Auch David, Michael, seine Freundin Willow und Rich, der jetzt Gabriel genannt wird, müssen wegen des Verkehrsstaus die letzten zehn Kilometer mit ihren Rucksäcken, decken und Lebensmitteln zu Fuß bestreiten zu den Wiesen einer Farm in der nähe von Bethel im Bundesstaat New York. In den drei Hippies erkennt Gabriel den fünfzehnjährigen Vater David und dessen achtzehnjährigen Bruder Michael mit seiner Freundin. Auch David und Rich finden bald mit Tina und Debbie zwei tolle Mädchen für ihre ersten Liebeserfahrungen. Die Gruppe hat sich in der nähe des Mischpultes auf zwei decken niedergelassen, von wo sie die Musiker kaum noch sehen, aber die Musik gut hören können.

Jordan Sonnenblick gelingt es, ein authentisches und lebendiges Bild von diesem größten Festival der Hippie-Bewegung und der Rockmusik-Geschichte wiederzugeben. Detailreich schildert er die einfachen Bedingungen der Unterbringung und Versorgung, den Mangel an Lebensmitteln, Toiletten und Waschmöglichkeiten. Die ungünstigen heftigen Wetter-Kapriolen mit Regengüssen und Gewittern an jenem Wochenende, die das Feld in eine Schlamm-Wüste verwandelten. Den vielfältigen Drogenkonsum und den allgemein freien Umgang mit der Liebe. Gabriel und sein junger Vater sind voll dabei. Nur in Sachen Drogen hält Gabriel sich zurück, nach einer Erfahrung mit gespicktem Schoko-Kuchen. Dass sich sein Onkel Michael und seine Freundin ihren ersten Schuss mit harten Drogen verpassen, sieht er mit sorge. Auch wenn Michael nur als vorgetäuschter Drogenabhängiger nach Woodstock seine Einberufung in den Vietnamkrieg verhindern möchte.

Nicht zuletzt nimmt der Autor die Leser mit in ein dreitägiges Konzert, schildert nahezu lückenlos die Auftritte der Bands und kommentiert sie, den Beginn mit Richard Havens, der so lange improvisieren musste, bis die nächsten Bands angekommen waren, den Auftritt der schwangeren Joan Baez, die den ersten Tag beendete, den noch nahezu unbekannten Carlos Santana, den indischen Musiker Ravi Shankar, Joe Cocker und seine bessere Interpretation des Beatles-Song "With a Little help of My Friends", den Auftritt Janis Joplins spät in der Nacht und das Ende des Festivals am frühen Morgen des 18. August mit der Interpretation der amerikanischen Nationalhymne von Jimmi Hendrix und seinem letzten Song "Purple Haze". Mit Jimmi Hendrix kommen David und Gabriel im 1.Hilfe-Zelt sogar ins Gespräch, wo sie den im Drogenrausch abhängenden Musiker antreffen.

Sonnenblick gelingt es, sowohl die äußeren Bedingungen und Ereignisse, die Stimmung für Frieden und freie Liebe, als auch die Begeisterung für die heute legendäre Musik der damaligen Zeit, lebendig zu vermitteln. Den Leser so hinein zuziehen, als sei er dabei gewesen. Den jugendlichen Musikfan von heute wie auch die Elterngeneration, die in den 60 ern jung war.

Mit dem Geschenk von Hendrix' weißer Gitarre schafft Gabriel den Zeitsprung zurück in die Gegenwart. Da er jetzt die richtigen Fragen stellen kann, gelingt es ihn des Vaters Schweigen zu brechen, erfährt er, dass sein Onkel im Alter von 18 Jahren an einer Überdosis Heroin noch vor seiner Einberufung gestorben ist. Rich versteht nun, warum der Vater ihn so streng vor Drogen und Alkohol schützen wollte. Und Richs Vater muss erkennen, dass Eltern ihre Kinder nicht ewig beschützen können und sollten.

Allein die Erinnerung an die vielen teilnehmenden Bands des Festivals (wohl 32), die Kommentare und die kuriosen Details zu ihren Auftritten machen das Buch lesenswert. Dazu das echte Woodstock-Feeling, wie es die Älteren bereits durch den Film kennen, aber nun so erleben, als seien sie mittendrin. Und lesenswert auch als Entwicklungsroman eines Jugendlichen, der an Erkenntnissen gewinnt, als er in die Jugendzeit seines Vaters versetzt wird, er eine andere Jugend, Lebensweise und Werte kennen lernt. Dazu abschließend zwei Zitate aus dem Buch:

Erstens:"... ein Konzert im Jahr 1969 war total anders als alles, was wir heutzutage gewohnt sind. Damals gab es keine Großleinwand, deshalb waren die Musiker nur winzige kleine Punkte. Keiner von den Zuhörern hielt ein Handy in die höhe, um das Ganze fest zu halten... Niemand twitterte. Es gab keine riesigen Werbe-Poster. Als Richie Havens sein erstes Lied sang, flutete der Song über die Menge und es gab nichts, was uns davon ablenkte. Wir waren alle voll da und lauschten gemeinsam... Ich konnte die Kraft von einer halben Million Menschen spüren, die sich gleichzeitig auf ein und die selbe Sache konzentrierten. Ich kann mir kaum vorstellen, wie mutig man sein muss, um sich mit nichts als einer Akustik-Gitarre vor 500.000 Menschen zu stellen und das größte Konzert aller Zeiten zu eröffnen."

Zweitens: "Aber das Erstaunlichste: Es gab keinen Ärger. Es wurde nichts geklaut. die Menschen teilten alles, was sie zu essen und trinken hatten. Eine halbe Million junger Leute lebte an einem Wochenende unter beengten Verhältnissen zusammen und kein einziger wurde wegen irgendwelcher Prügeleien verletzt. alle kamen miteinander aus. Die Hippie-Generation bewies der Welt, dass sie ihre Ideal-Vorstellungen von Frieden und Liebe leben konnte. Wenigstens eine gewisse Zeit."

Jordan Sonnenblick hat für seinen Roman im "Museum at Bethel Wood" recherchiert, Zeitzeugen befragt, Interviews ausgewertet und sich in den Fakten vor allem auf die 2009 erschienenen Woodstock-Bücher von Mikael Evans und Myron Gittell gestützt. Das Buch ist gut geeignet für Diskussionen in oberen klassen zu den Themen "Alkohol- und Drogenkonsum" und zu "Werten und Idealen".(BB)




Whaley, John  Corey: Hier könnte das Ende der Welt sein. - München: Hanser, 2014. - 2013 S.; 15,90€, ab 16 J

Beauvais, Clementine (Kinder- und Jugendbuchautorin), geb.  1989                        Region Paris, Frankreich

Chbosky, Stephen (Jugenbuchautor), geb. 1970, in Pittsburgh

                     aufgewachsen, lebt in NY, USA

 

Crowley, Cath (Jugendbuchautorin), geb. 1971, lebt in Melbourne,

                      Australien

Easton, T.S. (englischer Jugendbuchautor),lebt in Surry, GB

Jägerfeld, Jenny (Psychologin u. Autorin), August-Preis, Schweden

 

Miura,     Shion,   geb. 1976, Japan

 

Sonnenblick, Jordan, geb. 1969 in Missouri, wuchs in Staten

                        Island/New York auf, war 11 Jahre als Englisch-Lehrer

                        tätig, lebt heute in Bethlehem/ Pennsylvania, USA

Whaley,  John Corey, USA


Osterspecial 2021

Die ersten weißen Kniestrümpfe

                                                                     by   Sybille B. Lindt

Als ich ein Kind war, lebte ich in einer Kleinstadt am Rande des Oderbruches, wo Temperaturen von -20° C im Winter keine Seltenheit waren und eine dichte Schneedecke ebenso. Doch wenn der Schnee zu tauen begann, wir nicht mehr die Berge herunterrodeln konnten und alle ungepflasterten Wege matschig wurden, dann sehnten wir Kinder uns nach  dem Frühling. Nach Vogelgesang und den ersten Schneeglöckchen und Veilchen. Danach, dass es endlich wärmer wurde und wir die ersten Kniestrümpfe anziehen durften. Tragen Kinder heute eigentlich noch Kniestrümpfe? Vielleicht unter Hosen? In meiner Kindheit in den 50 ern trugen wir sie stolz. Denn wenn die Zeit der Kniestrümpfe begann, konnten wir uns von den ausgebeulten Trainingshosen und den warmen Strickstrümpfen, die an Leibchen befestigt wurden, endlich befreien.

Wenn es um den 1. April herum warm war, dann durften wir am ersten Sonntag im April weiße Kniestrümpfe anziehen. Darauf waren wir Kinder des Neubaus sehr stolz. Und bedauerten die Ärmsten, denen die Mütter noch keine Kniestrümpfe erlaubt hatten. Wenn es Anfang April noch zu kalt war, dann wurde Ostern der Termin für die ersten weißen Kniestrümpfe.

Wir freuten uns auch auf die ersten Kniestrümpfe, weil das der Beginn unserer Spielzeit vor dem Haus und auf dem Hof mit den Nachbarskindern bedeutete. Wir endlich unsere spiele nach draußen verlegen durften. Vor dem Haus spielten wir Hopse mit Glasscherben, mit Buggern und Murmeln oder "Herr Fischer, Herr Fischer, wie tief ist das Wasser" und "Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann?", mit dem Ball "Halli-Hallo!", Ballspiele an der Hauswand und abends mit den Großen Völkerball auf der Straße. Nur selten verirrte sich damals ein Auto in unsere Kleinstadt. Völkerball war ein Wettkampf für alle, Groß und Klein spielten in einer Mannschaft. Die Mütter, einige Väter und Nachbarn standen vor den Haustüren beisammen, tratschten und feuerten uns beim Spiel an. Auf dem Hof des Neubaukarrees standen viele unübersichtliche Schuppen und Holzstapel, ideal zum Versteckspiel. An unserer Ecke hatte Großmutter eine Trauerweide gepflanzt unter der wir Kinder uns auf Decken im Grase zusammenfanden, mit unseren Puppen spielten, Bücher lasen oder darüber sprachen. Es war damals noch eine Zeit ohne Fernseher, CD-Player, Computer, Workman und Smarthphone und doch fehlte uns nichts, wenn wir nur ohne die Erwachsenen spielen durften. Wir waren so mit dem Spielen beschäftigt, dass die Zeit bis zum Abendbrot, wenn Großmutter zum Essen rief, uns immer viel zu kurz vorkam.

Zu Ostern machten wir tatsächlich immer einen Osterspaziergang mit der Familie. Als meine jüngere Schwester und ich so im vorschul- und Grundschulalter waren, spazierten unsere Eltern Ostern mit uns in das fünf Kilometer entfernte Nachbardorf Gusow, um dort eine mit den Eltern befreundete Lehrersfamilie zu besuchen. Dort war es immer lustiger als bei uns zu Hause. Der Vater spielte volkstümliche und lustige Lieder auf der Geige, die wir Besucher-Kinder begeistert mitsangen. Sicher hatte dieser begnadet leicht spielende Lehrer seinen Anteil daran, dass ich später auch das Geigenspiel erlernen wollte. Es aber nie zu seiner Vollkommenheit brachte. Einfach so, die Geige zu nehmen und aus dem Hut, locker und mit viel Gefühl und Temperament aufzuspielen, ganz ohne Noten. Unterwegs gab es für uns Kinder natürlich immer das eine oder andere Osterei am Straßenrand zu suchen. Die plötzlich auftauchten, ohne dass wir bemerkten, ob der Osterhase oder Mutter sie versteckt hatten. Wenn wir wieder nach Hause kamen, waren wir mit fünf oder sechs Jahren zehn Kilometer am Tag gelaufen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal schlapp machten oder die Strecke als anstrengend empfanden. Wir wussten damals allerdings auch nicht wie weit der Weg war, wie viele Kilometer wir gelaufen. Als das nette Lehrerehepaar aus dem Dorf wegzog, machten wir mit der älteren Schwester und unseren Verwandten, die aus Berlin oder Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt oder aus einem Dorf bei Magdeburg Ostern zu Besuch gekommen waren, auf der Anhöhe vor der Stadt einen Osterspaziergang. Wir streiften durch die Berge bis zum 

weit sichtbaren Ehrenmal, für die bei der letzten großen Schlacht vor Berlin im Oderbruch gefallenen Sowjetsoldaten. Den riesigen bronzenen Soldat mit einem Gewehr vor der Brust schuf der bekannte russische Bildhauer Lew Kerbel im Herbst 1945. Das Denkmal, wie die Einheimischen das Ehrenmal nannten, war ein beliebtes Foto-Motiv bei Spaziergängern, ohne dass wir uns als Kinder des Hintergrundes bewusst waren oder drüber nachdachten. Der Berg mit dem Ehrenmal, der in den Abendstunden gern von Liebespaaren aufgesucht wurde, hieß bei den Einheimischen "Verschönerungsberg". Nach dem Denkmal spazierten wir zum Bahnhof, der zwei Kilometer von der Stadtmitte entfernt war und setzten uns in das Gartenlokal des Bahnhofs, das oft mit bunten Glühbirnen, Birkenreisern und Lampions geschmückt war. Hier bekamen wir Kinder die ersehnte himbeerrote Brause. Die Ostereier hatten wir schon unterwegs in den Bergen gefunden, sie lagen plötzlich im Grase als bunt gefärbte Eier oder winzige Schokoladen-Eier oder kleine Schoko-Osterhasen. Auch bei diesen Spaziergängen durch die Berge über das Denkmal zum Bahnhof und wieder in die Stadt zurück merkten wir Kleinen die Kilometer in den Beinen nicht.

Auch zu Ostern trugen wir stolz unsere weißen Kniestrümpfe. Ein Malheur war nur, wenn wir beim Spielen und Toben in eine Dreckpfütze stolperten und mit völlig verschmutzten nicht mehr weißen Kniestrümpfen nach Hause kamen. Dann schimpfte Mutter uns aus, obwohl es doch Ostern war und sie das hätte voraussehen könne. Mit weißen Kniestrümpfen so zu spielen, dass sie nachher noch schneeweiß aussahen, das schaffte kein Kind aus unserem Haus.

 

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Die Buchleserin und ihre blitzgescheite Tochter

In einer Zeit, da das Lesen von Büchern noch eine weit verbreitete Art war, seine Freizeit zu verbringen, lebte eine mittellose Frau mit ihrer zehnjährigen Tochter in einem winzigen Haus am Rande der kleinen Stadt. Das schlichte Häuschen hatte die Frau von ihren Großeltern geerbt  und ein altes Fahrrad, sonst  keine weiteren Güter.  Die Zeiten waren schlecht und die einzige Fabrik in der  Stadt hatte schon lange schließen müssen. Und so sehr die Frau sich auch bemühte, sie konnte keine Arbeit mehr finden. So musste sie sich nach der Decke strecken, um für sich und ihr Kind das Notwendigste für Essen, Kleidung und sonstige  dringende Ausgaben bereithalten zu können. Durch den kleinen Garten am Haus konnte sie ein bisschen auf dem Markt dazuverdienen, doch an einen Theaterbesuch oder ein Konzert, wie es in jener Zeit üblich war, bei den Leuten, die noch Arbeit in den Ämtern der Stadt hatten, war nicht zu denken. Wenn am Ende des Monats mal ein paar Silbergroschen übrig blieben, schenkte die Frau  ihrem Töchterchen etwas, was es sich schon lange wünschte: eine Eistüte, Kinderschokolade oder ein Büchlein zu herabgesetztem Preis. Doch auch die Mutter, die sonst nicht klagte, hatte Sehnsüchte und Wünsche. Sie war in der Kindheit rasch eine begeisterte Buchleserin geworden, aber auch bei den Großeltern, wo sie aufgewachsen, war Schmalhans Gast gewesen. So bekam sie nur selten das, was sie sich am meisten wünschte: ein Buch. Nur am ersten Schultag, zu ihrem fünften, zehnten und 15. Geburtstag und zu weiteren runden Geburtstagen schenkten ihr die Großeltern ein Buch . Jetzt war sie vierzig, also kannst du dir ausrechnen, wie viele Bücher die Frau in ihrem Schrank hatte. Richtig, es waren genau sieben und das waren viel zu wenige für eine Leseratte. Gewiss  besuchte die Frau später auch die Leihbücherei und borgte sich auch Bücher von Freundinnen, aber das war nichts gegen ein Buch, welches sie ihr eigen nennen und so oft lesen konnte wie sie wollte und wann sie wollte. So kam es , dass die Mutter jedes Mal seufzte, wenn sie dem Töchterchen ein Büchlein schenkte. "Ach wie gern hätte ich meine Lieblingsbücher von früher wie "Das schüchterne Lottchen", "Der Anderl" oder "Die Sache mit Päker". Die Tochter konnte die Seufzer der Mutter bald nicht mehr hörten, weil diese sie traurig machten, es war drei Wochen vor Weihnachten.  So radelte das Mädchen die Straße hinauf bis zur nächsten Ecke, ging in den großen Computerladen, um sich abzulenken, sich die Neuheiten anzusehen. Da traf das Mädchen im Geschäft eine wohlbetuchte ältere Dame, die sich mit ihren Computer-Fragen freundlich an die Kleine wandte. Die frau hatte bei einem Kaffeekränzchen gehört, dass Kinder Anfängern den Computer am besten erklären können. Und weil sie selbst keine Kinde und Enkel besaß, fragte sie nun das kleine Mädchen im Laden. Als die Kleine ihr so blitzgescheit , verständig und drollig Antwort gab, war die Dame ihr so zugetan, dass sie dem Mädchen eine winzige Kreditkarte schenkte, womit es sich etwas kaufen sollte, was sich die Kleine  am meisten wünschte. Das Mädchen, welches noch nie  einen Computer selbst besessen, sich aber mit der Technik auskannte, die es in der Schule gelernt hatte, kaufte sich ohne zu zögern einen Computer und bedankte sich artig bei der wohlhabenden älteren Dame.  Die Kleine setzte den Computer auf das alte Fahrrad und schob es nach Hause. "Hier Mama", sagte die Tochter, "jetzt können wir dir ein Buch aus der Internet-Buchhandlung "Schöne alte Bücher - preiswert!" das Buch  aus deiner Kindheit kaufen. Sie gab den Titel "Das schüchterne Lottchen" ein und siehe da, das Buch war noch vorhanden und durfte bestellt werden. Dann klickte die Kleine auf den Balken "Mit dem Einkaufswagen zur Kasse gehen", gab die Nummer der winzigen Kreditkarte ein und es dauerte nur zwei Tage, da stand der Postbote mit dem Buch vor der Tür. Auch eine Kinderfreizeit konnte das Mädchen nun dank der wundersamen Karte der alten Dame bezahlen. So fuhr es mit seinen zwei besten Freundinnen in ein Kinderfreizeithaus auf eine Nordseeinsel. Zu Weihnachten wollten die Mädchen zurück sein. Doch die Mutter hielt es keine drei Wochen aus, ohne ein neues Buch zu bestellen und setzte sich am nächsten Tag an den Computer, schaltete ihn ein, suchte das Buch "Der Anderl" auf der Internetseite "schöne alte Bücher - preiswert!" aus, dann das Jugendbuch "Die Sache mit Päker" und dann "Die wunderbaren Jahre" eine Buch von früher für Erwachsene. Und jedes Mal klickte die Mutter zum Schluss auf den Balken "Mit dem Einkaufswagen zur Kasse gehen" und gab die Nummer der kleinen Kreditkarte ein. Doch nun kam sie nicht weiter. Sie hatte vergessen wie sie das Portal wieder verlassen und den Computer schließen konnte. Die Tochter hatte ihr mit strenger Miene gesagt, dass sie den Computer nicht einfach ausknipsen dürfe, weil er dann kaputt ginge. Die Mutter müsste einen bestimmten Pfad einhalten, und der fiel ihr nicht mehr ein. So blieb der Computer und das Portal "Schöne alte Bücher - Preiswert!" an und jeden Tag entdeckte die Mutter neue Bücher aus ihrer Kindheit und Jugend und weitere, die sie sogleich bestellte und nach höchstens zwei Tagen auch erhielt. Da füllte sich das Wohnzimmer, das kleine Stube der Tochter, die Küche, der Hausflur  und der Weg zur Gartenpforte mit Paketen. Und als das Kind aus der Kinderfreizeit zurückkam, brauchte es einen ganzen Tag, um sich einen Weg zur Mutter zu bahnen. Das Mädchen schaltete den Computer richtig aus, öffnete die Pakete, stapelte die Bücher an den Wänden der Wohnung. Jene, die nicht mehr ins Haus passten, legte die Kleine in eine offene Kiste vor der Gartenpforte und schrieb an die Kiste: "Vom Weihnachtsmann, für alle, die Bücher mögen!". Und da kamen nach und nach auch andere nicht wohlhabende Leute, die in ihrer Kindheit und Jugend nur wenige Bücher geschenkt bekommen hatten und nahmen sich ein oder zwei Bücher aus der Kiste mit. Und erst als sie leer war, bestellte das Mädchen zusammen mit der Mutter neue Bücher, von denen die beiden einige behielten und andere in die Kiste gaben. Auch sonst hatte die Not nun ein Ende. Die Mutter gab  einen Teil ihrer Bücher an die Bücherei als Leihgabe ab und bekam dafür einen feinen Job als Bibliothekarin, denn niemand in der Stadt kannte sich so gut in Büchern aus wie sie. Die Tochter wurde eine weltbekannte Computerspezialistin, sah den Computer aber auch kritisch und diskutierte auf internationalen Kongressen leidenschaftlich zu dem Thema "Die Verbesserung der Volksgesundheit im Computerzeitalter durch lange Spaziergänge und das Lesen von Büchern." Die kleine Kreditkarte aber, das Geschenk der wohlbetuchten älteren Dame wurde seltsamerweise weder zu Lebzeiten der Mutter noch zu Lebzeiten der Tochter leer. Und was danach geschah, wäre schon wieder ein neues Märchen.   

 

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