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4a. Kinder-/ Jugendbücher ab 12 Jahre                                     Autoren/ Illustratoren


Gebhart, Ryan: Der Bärenschwur/ Aus dem Engl. - Hamburg: Aladin, 2015. - 252 S.; 14,90€,                                                     ab 12J

 

Tyson ist 13 Jahre alt und empfindet sich als der größte Loser von Colorado. Sein bester Freund Brigthon trifft sich jetzt lieber mit den Jungen des Footballteams. Den letzten Test hat Tyson versaut und bei den Mädchen kommt er auch nicht an, weil er sich nicht traut. Wenn er erst mit dem Großvater auf Wapitijagd gegangen ist, wird er erwachsener und cooler sein. Doch der versprochenen Jagd setzen sich Hindernisse in den Weg. Der Großvater muss von heute

auf morgen in ein Altersheim im benachbarten Staat Wyoming. Das einzige mit Dialysezentrum in näherer Entfernung, denn Großvaters Nieren geht es schlecht. Dennoch will er sein Versprechen, den Bärenschwur halten. Großvater und Enkel Tyson verabreden sich zur Wapitijagd an einem Wochenende im Bridger Teton Nationalwald. Den Eltern erzählt Tyson etwas von einem Camping-Ausflug nach Idaho, wo es keine Grizzlys gibt. Vorher schafft Tyson noch mit hilfe seiner kleinen Schwester den Test und auch Karen aus Texas anzusprechen.

Die detaillierte Wapitijagd, an derem Ende die gefährliche Begegnung mit der gereizten Grizzlybärin Sandy steht, ist ein spannendes Abenteuer. Den Sechsender-Wapiti hat Tyson genau nach den Anweisungen des Großvaters erlegt und ausgeweidet. Ebenso verhält er sich nach den Regeln, als der Grizzly auf ihn zukommt.

Eine spannende Geschichte, in der Detailkenntnisse über die Jagd und den Tierschutz in den USA vermittelt werden. In der es aber auch um die Probleme eines Heranwachsenden geht und um eine Familie mit vielen Geheimnissen, die ans Licht kommen. Für Tyson gibt es trotz der engen Beziehung zu seinem Großvater ein Nachdenken darüber, ob er auf eine so gefährliche Jagd hätte gehen müssen. Die auch übel ausgehen konnte, wie in dem Falle des 13 jährigen, der Sandy Junges aus Angst erschossen hatte. "Der Bärenschwur" ist in Inhalt und Sprache ein ausgesprochenes Jungenbuch.

Der Autor Ryan Gebhart ist 1982 in Ohio geboren. Er hat an der Ohio-State-University Spanische Sprache studiert und selbst ein Jahr als Ranger in einem Wildpark in Wyoming gearbeitet. (SBE)

 

Solomons, David: Mein Bruder ist ein Superheld/ Aus dem Engl. -

1.Aufl. - Berlin: Ueberreuter, 2016. - 351 S.; 14,90 €                 ab 12J

 

Das Jugendbuch "Mein Bruder ist ein Superheld" des aus Glasgow stammenden Drehbuchautors David Solomons ist sein Roman-Debüt.

Gerade als Luke vom Baumhaus geklettert ist, weil er dringend zur Toilette muss, passiert seinem älteren Bruder Zack etwas Unglaubliches. Er wird im Baumhaus von Außerirdischen in einem Raumschiff besucht und Zorbon,  der Bestimmer, verleiht Zack Superkräfte, damit er seine Aufgabe, zwei Universen zu retten, erfüllen kann. Ausgerechnet Zack, jetzt Super Star, der nie ein Comicheft gelesen hat, eher ein Streber ist, bekommt so eine tolle Aufgabe. Und Luke, der langjährige Comicfan geht leer aus. Da ist er schon eifersüchtig, aber es bleibt auch für ihn genug zu tun, denn Zack hat  Null- Ahnung von der außerirdischen Comicwelt und braucht Lukes Hilfe. Außerdem muss Luke heimlich seine Mitschülerin, die Reporterin Lara davon abhalten, dass sie den Super-Star demaskiert. Und schließlich gilt es, den Bruder, der von einem Super-Schurken entführt wurde, die Welt und das ganze Universum zu retten.

Ein aktionsgeladenes Abenteuerbuch, mit viel Humor, der sich oft aus den falsch besetzten Positionen rührt. In dem Buch gibt es aber neben den auf comic-Serien bezogenen Figuren und Abenteuern auch Platz für Jugend-Probleme wie Rivalität von Brüdern und die ersten Erfahrungen mit Mädchen. Für comicferne Leser ist das ausführliche Glossar am Ende eine wertvolle Hilfe und kann Interesse für ein neues Genre wecken. Für Comicfans ist das Buch pur ein Lektüre-Genuss. (SBE)

Gebhart, Ryan (Jugendbuchautor), geb. 1982 in Ohio/ USA

 Salomons, David ( Kinderbuchautor, Drehbuchautor), geb. in                      Glasgow/ GB

 

 


Osterspecial 2021

Die ersten weißen Kniestrümpfe

                                                                     by   Sybille B. Lindt

Als ich ein Kind war, lebte ich in einer Kleinstadt am Rande des Oderbruches, wo Temperaturen von -20° C im Winter keine Seltenheit waren und eine dichte Schneedecke ebenso. Doch wenn der Schnee zu tauen begann, wir nicht mehr die Berge herunterrodeln konnten und alle ungepflasterten Wege matschig wurden, dann sehnten wir Kinder uns nach  dem Frühling. Nach Vogelgesang und den ersten Schneeglöckchen und Veilchen. Danach, dass es endlich wärmer wurde und wir die ersten Kniestrümpfe anziehen durften. Tragen Kinder heute eigentlich noch Kniestrümpfe? Vielleicht unter Hosen? In meiner Kindheit in den 50 ern trugen wir sie stolz. Denn wenn die Zeit der Kniestrümpfe begann, konnten wir uns von den ausgebeulten Trainingshosen und den warmen Strickstrümpfen, die an Leibchen befestigt wurden, endlich befreien.

Wenn es um den 1. April herum warm war, dann durften wir am ersten Sonntag im April weiße Kniestrümpfe anziehen. Darauf waren wir Kinder des Neubaus sehr stolz. Und bedauerten die Ärmsten, denen die Mütter noch keine Kniestrümpfe erlaubt hatten. Wenn es Anfang April noch zu kalt war, dann wurde Ostern der Termin für die ersten weißen Kniestrümpfe.

Wir freuten uns auch auf die ersten Kniestrümpfe, weil das der Beginn unserer Spielzeit vor dem Haus und auf dem Hof mit den Nachbarskindern bedeutete. Wir endlich unsere spiele nach draußen verlegen durften. Vor dem Haus spielten wir Hopse mit Glasscherben, mit Buggern und Murmeln oder "Herr Fischer, Herr Fischer, wie tief ist das Wasser" und "Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann?", mit dem Ball "Halli-Hallo!", Ballspiele an der Hauswand und abends mit den Großen Völkerball auf der Straße. Nur selten verirrte sich damals ein Auto in unsere Kleinstadt. Völkerball war ein Wettkampf für alle, Groß und Klein spielten in einer Mannschaft. Die Mütter, einige Väter und Nachbarn standen vor den Haustüren beisammen, tratschten und feuerten uns beim Spiel an. Auf dem Hof des Neubaukarrees standen viele unübersichtliche Schuppen und Holzstapel, ideal zum Versteckspiel. An unserer Ecke hatte Großmutter eine Trauerweide gepflanzt unter der wir Kinder uns auf Decken im Grase zusammenfanden, mit unseren Puppen spielten, Bücher lasen oder darüber sprachen. Es war damals noch eine Zeit ohne Fernseher, CD-Player, Computer, Workman und Smarthphone und doch fehlte uns nichts, wenn wir nur ohne die Erwachsenen spielen durften. Wir waren so mit dem Spielen beschäftigt, dass die Zeit bis zum Abendbrot, wenn Großmutter zum Essen rief, uns immer viel zu kurz vorkam.

Zu Ostern machten wir tatsächlich immer einen Osterspaziergang mit der Familie. Als meine jüngere Schwester und ich so im vorschul- und Grundschulalter waren, spazierten unsere Eltern Ostern mit uns in das fünf Kilometer entfernte Nachbardorf Gusow, um dort eine mit den Eltern befreundete Lehrersfamilie zu besuchen. Dort war es immer lustiger als bei uns zu Hause. Der Vater spielte volkstümliche und lustige Lieder auf der Geige, die wir Besucher-Kinder begeistert mitsangen. Sicher hatte dieser begnadet leicht spielende Lehrer seinen Anteil daran, dass ich später auch das Geigenspiel erlernen wollte. Es aber nie zu seiner Vollkommenheit brachte. Einfach so, die Geige zu nehmen und aus dem Hut, locker und mit viel Gefühl und Temperament aufzuspielen, ganz ohne Noten. Unterwegs gab es für uns Kinder natürlich immer das eine oder andere Osterei am Straßenrand zu suchen. Die plötzlich auftauchten, ohne dass wir bemerkten, ob der Osterhase oder Mutter sie versteckt hatten. Wenn wir wieder nach Hause kamen, waren wir mit fünf oder sechs Jahren zehn Kilometer am Tag gelaufen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mal schlapp machten oder die Strecke als anstrengend empfanden. Wir wussten damals allerdings auch nicht wie weit der Weg war, wie viele Kilometer wir gelaufen. Als das nette Lehrerehepaar aus dem Dorf wegzog, machten wir mit der älteren Schwester und unseren Verwandten, die aus Berlin oder Gräfenhainichen in Sachsen-Anhalt oder aus einem Dorf bei Magdeburg Ostern zu Besuch gekommen waren, auf der Anhöhe vor der Stadt einen Osterspaziergang. Wir streiften durch die Berge bis zum 

weit sichtbaren Ehrenmal, für die bei der letzten großen Schlacht vor Berlin im Oderbruch gefallenen Sowjetsoldaten. Den riesigen bronzenen Soldat mit einem Gewehr vor der Brust schuf der bekannte russische Bildhauer Lew Kerbel im Herbst 1945. Das Denkmal, wie die Einheimischen das Ehrenmal nannten, war ein beliebtes Foto-Motiv bei Spaziergängern, ohne dass wir uns als Kinder des Hintergrundes bewusst waren oder drüber nachdachten. Der Berg mit dem Ehrenmal, der in den Abendstunden gern von Liebespaaren aufgesucht wurde, hieß bei den Einheimischen "Verschönerungsberg". Nach dem Denkmal spazierten wir zum Bahnhof, der zwei Kilometer von der Stadtmitte entfernt war und setzten uns in das Gartenlokal des Bahnhofs, das oft mit bunten Glühbirnen, Birkenreisern und Lampions geschmückt war. Hier bekamen wir Kinder die ersehnte himbeerrote Brause. Die Ostereier hatten wir schon unterwegs in den Bergen gefunden, sie lagen plötzlich im Grase als bunt gefärbte Eier oder winzige Schokoladen-Eier oder kleine Schoko-Osterhasen. Auch bei diesen Spaziergängen durch die Berge über das Denkmal zum Bahnhof und wieder in die Stadt zurück merkten wir Kleinen die Kilometer in den Beinen nicht.

Auch zu Ostern trugen wir stolz unsere weißen Kniestrümpfe. Ein Malheur war nur, wenn wir beim Spielen und Toben in eine Dreckpfütze stolperten und mit völlig verschmutzten nicht mehr weißen Kniestrümpfen nach Hause kamen. Dann schimpfte Mutter uns aus, obwohl es doch Ostern war und sie das hätte voraussehen könne. Mit weißen Kniestrümpfen so zu spielen, dass sie nachher noch schneeweiß aussahen, das schaffte kein Kind aus unserem Haus.

 

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